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Finanzielle Repression: Inflation hoch, Zinsen runter – Sparer werden gleich doppelt geschröpft

Früher war alles besser – diese Binsenweisheit ist in den letzten Jahren bei Bankberatungen oder Verkaufsgesprächen beim Edelmetallhändler immer wieder zu hören. Viele Sparer denken wehmütig daran zurück, wie leicht es noch vor zehn Jahren gefallen ist, sein Geld zu parken. Die Hausbank bot faire Zinsen fürs Konto, der Bausparvertrag machte den Traum vom eigenen Heim erreichbar und Aktien sowie Anleihen befanden sich in ruhigem Fahrwasser. Im Zeitalter des billigen Geldes, welches von den Notenbanken seit Jahren in die Märkte gepumpt wird, werden Sparer jedoch allein gelassen und sogar noch auf vielfältigen Wegen zusätzlich abkassiert. Es klingt kurios: Wer spart, wird heutzutage bestraft und mit der Zeit immer ärmer.

Ökonomen bezeichnen diese Investment-Misere als „finanzielle Repression“, also einen schleichenden Verlust der Spareinlagen, befördert durch staatliche Eingriffe. Die wichtigste Waffe der Politik, die über den Umweg der Notenbanken die Märkte manipuliert: die Leitzinsen. Sie befinden sich seit Jahren auf einem Rekordtief. In der Eurozone werden die Zinsen noch auf absehbare Zeit um die Null-Linie schwanken, in den USA wird statt einer echten Zinswende nur Stück für Stück der Weg zurück zur Normalität angedeutet. Die Folge: Sparer und Geldanleger verlieren einen Teil ihres Vermögens durch die Inflation, denn die Zinsgewinne liegen unterhalb der Inflationsrate.

Das Problem ist freilich nicht neu. Bereits seit Jahren brauchen Banken ihren Kunden keine hohen Zinsen mehr anzubieten; sie bekommen schließlich frisches Geld von den Zentralbanken praktisch zum Nulltarif. Inzwischen hat sich die Lage für Sparer allerdings verschärft: Durch die steigenden Ölpreise hat die Inflation deutlich angezogen, die Zinsen in der Eurozone verharren jedoch weiter auf einem Rekordtief. Das Geld der Bürger verliert also stärker an Wert, der Ausgleich durch Zinsen bleibt jedoch dauerhaft aus.
Während die Sparer durch die Zinspolitik der Notenbanken belastet werden, freuen sich all diejenigen, die Schulden machen – allen voran die Regierungen der weltweiten Schulden-Sünder-Staaten. Denn nicht nur Sparguthaben verliert aktuell an Wert, sondern auch ein Kredit. In der Geschichte haben Staaten immer wieder versucht, ihre massiven Staatsschulden einfach „wegzuinflationieren“ – die Folgen sind beispielsweise anhand der Hyperinflation von 1923 eindrucksvoll zu erkennen. Doch die Idee, Staatsschulden mit der Notenpresse zu beseitigen, lebt bis heute – genau wie die schmerzhaften Erinnerungen früherer Generationen, die durch Inflation ihr Vermögen verloren haben.

Eine „finanzielle Repression“ ist anhand mehrerer Merkmale zu erkennen, welche allesamt auf die Situation in der Euro-Zone zutreffen. So werden beispielsweise nationale Banken angehalten, Anleihen des eigenen Staates zu kaufen oder als Reserven zu halten. Die Europäische Zentralbank, welche an die Stelle der nationalen Notenbanken getreten ist, hat über 200 Milliarden Euro in Anleihen der Euro-Krisenländer angekauft, ferner wurde bislang mehr als eine Billion Euro zu Billigzinsen an die Banken des Eurosystems verliehen.

Die Notenbanken pumpen seit der Finanzkrise im Jahr 2007/2008 unvorstellbare Summen in die Märkte – angeblich, um die Inflation zu befeuern. Tatsächlich stand Europa jedoch zwischenzeitlich kurz vor einer Deflation. Inzwischen steigt die Inflation, allerdings nicht wegen der Geldspritzen aus Brüssel, sondern wegen steigender Energiepreise – und diese treffen Verbraucher besonders.

Die Inflation ist allerdings nicht die einzige Sorge von privaten Sparern: Sie werden auch verstärkt durch staatliche Repressalien belastet. Zuletzt wurde eine Absenkung der Grenze für anonyme Bargeldzahlungen von 15.000 auf 10.000 Euro beschlossen. Und inzwischen gehen immer mehr Geschäftsbanken dazu über, ihren Kunden für Selbstverständlichkeiten zusätzliche Gebühren zu berechnen – beispielsweise für die Kontoführung, Überweisungen oder Bargeldabhebung. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der gläserne Bürger geschaffen werden soll, der künftig noch effizienter geschröpft werden soll.

Wer an eine nachhaltige Zinswende und ein Ende der finanziellen Repression glaubt, darf sich auf eine schmerzhafte Enttäuschung einstellen. Steigende Zinsen sind nicht im Interesse der EZB sowie der Spitzenpolitiker in Brüssel – sie würden durch höhere Zinsen besonders den südeuropäischen Staaten den Todesstoß versetzen. Die Tageszeitung „Presse“ aus Österreich hat vorgerechnet, dass bei einem historisch immer noch niedrigen, aber aktuell völlig unrealistischen Leitzins von nur drei Prozent die italienischen Zinszahlungen um 70 Milliarden Euro im Jahr erhöht werden. Renommierte Experten wie der frühere IWF-Chefökonom Kenneth Rogoff und die Nobelpreisträger Greg Mankiw und Paul Krugman empfehlen daher auch eine höhere Inflation, um das Schuldenproblem der westlichen Staaten zu lösen. Anders sei die Schuldenlast nicht mehr zu schultern. Eine höhere Inflation bei gleichzeitig niedrigen Zinsen ist ein probates Mittel für Staaten, sich zu entschulden und bei den Bürgern abzukassieren.

Und die „finanzielle Repression“ bedeutet längst nicht mehr, wie beispielsweise das „Gabler Wirtschaftslexikon“ bis heute formuliert, nur „Behinderungen des Finanzwesens in der Dritten Welt“ durch staatliche Interventionen und Vorschriften – die Folgen einer schleichenden Enteignung der Geldvermögen sind längst im Westen angekommen: Deutschland wird durch die finanzielle Repression insgesamt vermögensärmer – der Wohlstand, wie wir ihn kennen, ist ernsthaft bedroht – und Sachwerte wie Gold sind der letzte sichere Hafen, der nach Immobilien-Blase, Anleihe-Blase und Aktien-Blase noch bleibt.


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